Das schreibt unser Medienpartner - die Backnanger Kreiszeitung (von Steffen Grün)

Ein solches Medienecho hatte vorher wohl noch keine Verpflichtung der SG Sonnenhof hervorgerufen. Dass es Sascha Mölders – den bisherigen Publikumsliebling von 1860 München, der bei den Löwen-Fans als Kultstürmer galt und seinen Spitznamen „Die Wampe von Giesing“ mit Stolz trägt – ausgerechnet zum abstiegsgefährdeten Regionalligisten zieht, beschäftigte bereits sofort nach der Bekanntgabe am Freitag die Zeitungen und Online-Portale landauf, landab. Bei der gestrigen Pressekonferenz in Großaspach, bei der neben dem spielenden Assistenzcoach auch der als Trainer zurückgeholte Hans-Jürgen Boysen vorgestellt wurde, war der Andrang dagegen überschaubar. Nicht aus mangelndem Interesse, sondern weil sich der SWR und Magazine wie Kicker, 11 Freunde oder Sport-Bild schon telefonische Infos eingeholt hatten. Zum heutigen Trainingsauftakt hat sich zudem noch ein Fernsehteam von Sky Sport angekündigt.

Wer sich aber Schlagzeilen dergestalt erhofft hatte, dass der 36-Jährige mit seinem Ex-Klub abrechnet, der irrte. „Würde ich sagen, es hat mich kaltgelassen, würde ich lügen“, gab Mölders zwar zu, dass es ihn getroffen hat, von Trainer Michael Köllner auf das Abstellgleis geschoben worden zu sein. Ungeachtet der vorzeitigen Trennung habe er aber „sechs wundervolle Jahre“ bei 1860 München gehabt. „Ich wünsche dem Verein nur das Beste.“ Auch sonst trat der Torjäger keineswegs als Lautsprecher auf – allenfalls als Mann der klaren Worte, der eben redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Sascha Mölders äußerte sich zum Beispiel zu…

…den hohen Erwartungen, vor allem seitens der Fans: „Ein Einzelner kann kein Heilsbringer sein“, betont der Stürmer, der in der vergangenen Saison mit 22 Treffern noch Drittliga-Torschützenkönig war. Er will sich auch keine bestimmte Zahl an Toren für die verbleibenden 14 Partien vornehmen, das habe er noch nie getan. „Wir müssen Spiele gewinnen, das ist das Wichtigste“, meint Mölders und traut es der Elf trotz des vorletzten Platzes auch zu, unter anderem mit dem Verweis auf das 3:2 gegen den aktuellen Tabellendritten Offenbach in der Vorrunde. „Es sind gute Jungs drin“, beurteilt der Routinier den Kader: „Das sind keine Blinden, die können alle kicken.“ Sei der Wurm allerdings erst einmal drin, dann komme eines zum anderen, und aus dieser Spirale muss Großaspach nun raus. Mölders ist sicher, dass es klappt: „Ich bin überzeugt davon, dass wir keinesfalls absteigen.“

…seinem Verhältnis zu Hans-Jürgen Boysen: Die Wege kreuzten sich beim damaligen Zweitligisten FSV Frankfurt von Januar 2010 bis Juni 2011. Mölders kam vom Regionalligisten Rot-Weiß Essen, avancierte schnell zum Stammspieler und Torjäger und verabschiedete sich am Ende ins Oberhaus zum FC Augsburg. „Er hat es geschafft, mich Bratwurst zum Bundesliga-Spieler zu machen“, sagt Aspachs Promi-Zugang über seinen künftigen Boss und lacht: „Er war der einzige Trainer, der mir wirklich gesagt hat, dass ich scheiße gespielt habe, wenn ich scheiße gespielt habe – und das vor der Mannschaft.“ Was andere vielleicht gestört hätte, gefiel Mölders. „Das hätte ich mir im Fußball öfter gewünscht.“ Seitdem hielt das Duo Kontakt. „Nun schließt sich der Kreis.“ 

…den weiteren Gründen für seinen Wechsel zur SG: „Wenn ich etwas mache, muss ich richtig Bock darauf haben“, meint Mölders. Bei Großaspach war das der Fall, bei den Alternativen nicht so sehr – der Angreifer spricht von drei konkreten Drittliga- Angeboten und einer Anfrage aus Südkorea. Zudem hätte er die Expertentätigkeit beim Pay-TV-Sender DAZN, die ihm Spaß macht und in der er am Sonntag beim Spiel Augsburg gegen Frankfurt wieder gefordert ist, ausbauen können, doch Mölders wollte die Fußballschuhe auf keinen Fall an den Nagel hängen. Also die SG, denn ihm ist es „völlig egal, ob der Verein groß oder klein ist“. Der Dorfklub passe gut zu ihm, denn er sei ja einer, der nach dem Abpfiff gerne mal „ein Bier und eine Bratwurst habe“. Gereizt habe ihn auch die Tabellenkonstellation, der Abstiegskampf: „Ich spiele ungern um die goldene Ananas.“ Und es ist ein guter nächster Schritt in seiner Trainerlaufbahn, die sich parallel zur Profizeit bisher im Jugend- und im unteren Amateurbereich abgespielt hat.

…seinem Fitnesszustand und seiner Zukunft: Über den Spitznamen „Die Wampe von Giesing“ lacht Mölders, im Online-Shop verkauft er sogar Kleidung mit diesem Slogan. Er legt aber auch Wert darauf, körperlich voll auf der Höhe zu sein: „Wenn einer fünf Jahre am Stück spielt, kann er nicht unfit sein.“ In der Tat verpasste der Oldie kaum eine Partie, so soll es bleiben: „Ohne Marschieren geht es im Fußball nicht, ich bin topfit.“ Sein Vertrag läuft wie der von Boysen zunächst nur bis Saisonende, aber das muss nichts heißen. „Wenn ich scheiße bin, habt ihr mich nicht mehr an der Backe“, habe er den Verantwortlichen gesagt. Im Ernst: „Es geht nur darum, dass der Verein in der Regionalliga bleibt. Wir tun gut daran, uns darauf zu konzentrieren.“ 

So sieht das auch Hans-Jürgen Boysen, der um klare Aussagen bei der Pressekonferenz ebenfalls nicht verlegen war. Der 64-Jährige äußerte sich unter anderem zu… 

…den Unterschieden zur vorherigen Amtszeit bei der SG, die im Februar 2021 mit der Trennung endete: Die Situation sei nicht zu vergleichen, so Boysen. Damals sei der Umbruch noch viel größer ausgefallen als vor dieser Runde, dazu kamen die Nachwirkungen des Drittliga-Abstiegs und die besondere Motivation aller Rivalen. Nun gebe es im Team schon „eine gewisse Eingespieltheit“ und der gute Start unter Vorgänger Steffen Weiß, für den er viel Lob übrig hat, habe gezeigt, was möglich ist. Vor allem die Defensivarbeit habe ihm gefallen, daran will er nun als Erstes anknüpfen.

…den erfahrenen Zugängen: Sascha Mölders, Manuel Konrad (siehe nebenstehenden Artikel) und mögliche weitere Verstärkungen sind für Boysen „Unterschiedsspieler“, die zu einer zentralen Achse gehören könnten. „Solche Stützen braucht man einfach“, sagt der Coach und hat auch Akteure wie Sebastian Schiek, Joel Gerezgiher oder Nicolas Jüllich im Auge. Trotzdem seien auch sie „nur Bestandteile des Ganzen. Wir werden es nur schaffen, wenn wir ein Wirgefühl entwickeln. Jeder muss jedem alles gönnen.“ Zum Beispiel müsse das Team im Angriffsspiel gut genug sein, um Sascha Mölders „zu füttern“. Dass der Torjäger dann auch trifft, davon geht Boysen aus.


Zum Artikel: https://www.bkz.de/sport/sg-sonnenhof-sascha-moelders-ein-teamplayer-und-kein-heilsbringer-128179.html

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